Ihr Login zu unserem Kundenbereich

Wenn Sie zuvor noch nicht im Kundenbereich angemeldet waren, geben Sie Ihre Kundennummer ein und lassen das Passwortfeld bitte leer.

Sie erhalten daraufhin ein sicheres Passwort an Ihre Mail Adresse und können sich damit anmelden.

Hallo | Ihr Konto

Trolle, Fjorde und ein Postschiff - Teil 2 - 24.12.2013 17:10

Fernsehsendungen für Segler

zdf_neo Logo

24.12.2013 um 17:10
auf zdf_neo


Verstreute Inseln, ein gewaltiges Gebirgsmassiv über dem Meer, Menschen, die der Natur ihren Lebensunterhalt abtrotzen, und das Sehnsuchtsziel von Künstlern, Walbeobachtern und anderen Natursüchtigen - die Inselgruppe der Lofoten, mit ihren malerischen Orten und den Farbklecksen bunter Holzhäuser vor rauem Fels und klarem Himmel.

Die Lofoten sind für heute das erste Ziel des Hurtigrutenschiffes "MS Finnmarken" auf dem Weg in den Norden, auf der Spur der Mitternachtssonne. Überall auf den Lofoten stehen grob gezimmerte Holzgerüste, oft sogar direkt an der Straße. An ihnen baumeln Tausende Fische ohne Kopf, paarweise am Schwanz aufgehängt. Stockfische, vor Monaten gefangene Dorsche aus der Barentssee, die jetzt an der Luft konserviert werden. Stockfisch bestimmt hier das Leben. Aber Stockfisch ist nicht gleich Stockfisch: "Italia Grande" oder "Westre Ancona" - insgesamt 18 verschiedene Arten und Güteklassen gibt es. Die Stockfisch-Produzenten Rolf und Jens Jentoft sehen sich als Teil der weltweiten "Slow Food-Bewegung"; wobei sich das "slow" in ihrem Fall nicht nur auf das Verarbeiten und Verzehren, sondern auch auf die Herstellung des Produkts bezieht. Die Köpfe der Fische exportieren die Jentoft-Brüder nach Nigeria, die Zungen nach Paris und den Fisch nach Italien - ein trockener Fisch von den Lofoten geht um die Welt.

Und die "Finnmarken" fährt weiter in Richtung Norden. In Svolvær, der wichtigsten Stadt auf den Lofoten, ist der Aufenthalt nur kurz. Die meisten Passagiere der Finnmarken eilen auf einen Drink in die Bar "Magic Ice" und bestaunen die Ausstellung von Eisskulpturen, geschaffen, um dem Stopp eine Attraktion zu geben. Dabei sitzt nur eine Straße weiter William Hakvaag mit seinem Kriegsmuseum, das an das Schicksal aller erinnern will, die am Zweiten Weltkrieg in Norwegen teilnahmen. Uniformen, Kriegsflaggen versunkener deutscher Schlachtschiffe, arrangierte Szenen mit Schaufensterpuppen im Original-Outfit, sogar einen Gestapo-Verhörraum hat das Museum zu bieten. Manchmal kommen die Geister an diesen Ort, sagt William, aber sie stünden auf seiner Seite, sie wollten auch Versöhnung.

Weiter geht es mit der "Finnmarken" und ihrem alten Kapitän Petersen, der seinen Sohn auf der Brücke anlernt. Handwerk, das vom Vater auf den Sohn weiter gegeben wird. Weiter östlich treffen wir im Fischerdorf Gratangen auf echte Fachleute eines anderen Handwerks: die Bootsbauer des Clubs zur Erhaltung des "hölzernen" Handwerks. Wir werden Zeuge eines langwierigen Stapellaufs - ein großes segelfähiges Fischerboot wird wieder zu Wasser gelassen, standesgemäß begleitet von einem Frühlingsfest.

An Hammerfest, der nördlichsten Stadt der Welt, geht es vorbei, an der vorgelagerten Insel Melkøya, auf der für viele Milliarden eine Gasverflüssigungsanlage gebaut wird. Zielstrebig zieht das Schiff an allen Untiefen vorbei, im Bauch des Stahlkolosses sorgen Chefingenieur Gamst und seine Leute dafür, dass das Herz des Schiffes, der gewaltige Schiffsdiesel, unermüdlich arbeitet, um die 15 530 Bruttoregistertonnen mit 18 Knoten vorwärts zu schieben.

Es geht zum Nordkap, diesem spektakulären Felsen, der in früheren Epochen das Ende der Welt symbolisierte. Die flache Landzunge gleich daneben konnte die Aufmerksamkeit der Entdecker nicht gewinnen, obwohl sie noch ein bisschen weiter nach Norden ragt. Man war eben nur auf Großes aus.

Kirkenes ist der Wendepunkt der Reise, kurz vor der russischen Grenze gelegen, Ort des verlustreichen Winterkrieges um den russischen Hafen Murmansk und um das Eisenerz der Gegend. Heute ziehen marode russische Trawler die Blicke auf sich. Einige werden hier betankt und versorgt, andere liegen hier, weil ihre Besatzungen die Reparaturen nicht bezahlen konnten.

Hinter Kirkenes, direkt an der russischen Grenze, im hintersten Winkel von Norwegen, lebt Lars Petter Øie, der "König der King Crabs". Direkt vor seinem Anwesen, in 20 bis 40 Meter Tiefe, krabbeln sie zu Tausenden auf dem Meeresgrund, die sagenhaften Kamtschatka-Krabben, auch "Stalins Monsterkrabben" genannt. Und es werden immer mehr - geschätzte 15 bis 20 Millionen Exemplare sollen sich bereits vor Norwegens Küste tummeln. Die Fischer hassen die Krabben, weil sie sich in ihren Netzen verheddern. Und die Fischer lieben sie, weil sie mittlerweile als Delikatesse gelten und leichtes Geld bringen. Lars Petter hat sich mit der Invasion der Krabben arrangiert, er taucht regelmäßig nach den Riesenviechern - von Bein zu Bein messen sie bis zu eineinhalb Meter - und er klärt Touristen über die Lebensgewohnheiten der sonderbaren Tiere auf. Abends gibt's dann die Königskrabben, frisch auf den Tisch.

Wir gehen zurück an Bord der "Finnmarken", fahren auf ihr zurück bis zu den Lofoten, um dort anzuhalten, wo das Schiff auf dem Weg nach Norden in der Nacht durchgefahren ist oder nur zu kurz angehalten hat. Zum Beispiel in Stokmarknes: Da zeigt uns Petersen, der Kapitän der 2002 gebauten "Finnmarken", etwas Besonderes: Es ist das Vorgängerschiff, die alte "Finnmarken", vor Jahren außer Dienst gestellt, die hier aufgedockt ist und teilweise restauriert wird.

Ein Ort, an dem die Vergangenheit die heutige High-Tech-Seefahrt trifft und an dem sich trefflich über den Wandel der Zeiten philosophieren lässt. Und dann kommt natürlich noch der Trollfjord, schmal und tief; die Felsen links und rechts gehen 1000 Meter in die Höhe: für viele der Höhepunkt der hurtigen Route. Aber Vorsicht - die Trolle werfen den Reisenden schon mal Schneebälle vom Rand der Felsen auf den Kopf.

Hier spürt jeder die Kraft und die Gewalt der Natur - vielleicht ist es ja das, was die meisten Reisenden hier suchen: das Gefühl, dass die Natur hinter all der Zivilisation noch vorhanden ist, noch ganz sie selbst und - zumindest in Teilen - nicht zersiedelt und zerstört. Mit diesem Gefühl schmeckt das vielgängige Menü an diesem Abend noch mal so gut.



 


X